Pepperminta (Ewelina Guzik), eine erwachsen gewordene Pippi Langstrumpf, deklariert sich selbst zur Anarchistin der Fantasie. Bereits in ihrer „Klein-Langstrumpf-Zeit" benahm sie sich widerborstig und brachte Lehrerin und Mitschüler gegen sich auf. Als junge Frau will sie nun ihre chaotische, ausgeflippte Lebensweise unters Volk bringen. Mit Farben als ihre besten Freunde, Erdbeeren als „Haustiere" und beseelt von der selbstauferlegten Mission, die Menschen von ihren nutzlosen Ängsten zu befreien, zieht sie los um in einer europäischen - aber doch mehrheitlich schweizerischen - Welt ihre kühnen Fantasien umzusetzen. In Werwen ( Sven Pippig), einem schwabbeligen Muttersöhnchen, und in Edna (Sabine Timoteo), die in holländischen Tulpenfeldern arbeitet und vorgibt ein Mann zu sein, findet sie schon bald zwei Mitstreiter.
Wenn eine international so renommierte Videokünstlerin wie Pippilotti Rist ihren ersten Spielfilm in Locarno und an den Internationalen Filmfestspielen in Venedig 2009 präsentiert, müsste die Schweiz jubeln. Und doch, vergleicht man „Pepperminta" mit der letzten grossen Multimediainstallation „Pour your body out (7354 cubic meters)" im Museum of Modern Art in New York, so weiss man, weshalb Rist als Videokünstlerin einmalig ist. „Pepperminta" ist mit seiner penetranten Close-up-Dramaturgie optisch kaum zu bewältigen. Zuviel der Farben, Zitate und filmischen Effekte in einem 84-minutigen Film, und zuviel ist auch die Sprache. Spätestens als Pepperminta ihren Hintern in den Hirschenplatzbrunnen steckt und von einem Pfarrer getadelt wird, kommt Staunen auf: Was hat wohl ein katholischer Pfarrer, begleitet von einem unter Blitz und Donner aufmarschierenden Ministrantenheer auf dem Hirschenplatz im Schatten von Zwingli zu suchen? Für all jene, die Farben, Wasserballet und frische Früchte lieben, vermischt mit Menstruationsblut und Schleim, ist „Pepperminta" ein künstlerisches ‚Must'.
Fazit: Ein Videokunstwerk, das getarnt als Film die Pippilotti- und damit Pepperminta-Fans voll auf ihre Rechnung kommen lässt.
Juliana Schwager-Jebbink |